Der Weg des alten Eisens

Nach 99jährigem Bestehen geht in Wien eine Ära der „Kunstanstalt für Kupferdruck“ zu Ende. Wolfgang Schön geht in Pension. Was mit seiner Kupferstichdruckmaschine passiert wäre und warum sie jetzt bei Trendwerk steht haben wir bei einem Besuch in der Werkstatt erfahren.

Es war eine der letzten Gelegenheiten über den Eingang Naglergasse 4 hinauf ins Mezzanin zu gehen und Wolfgang Schön in der „Kunstanstalt für Kupferdruck“ anzutreffen. Josef Lamser, Schöns Großonkel hatte damals die Werkstatt 1937 an diese vornehme Adresse verlegt. Die leeren Räume lassen Geschichten erahnen – von denen der Kupferstecher viel zu erzählen hat. Er kennt jede Ecke und kann detailreich erklären, was sich dort befand und wie es damals verwendet wurde. Auch die Kupferstichdruckmaschine, die inzwischen bei Trendwerk in der Cumberlandstraße steht.

Zu der Maschine hat Wolfgang Schön ein spezielles Verhältnis. Sein Großonkel hatte sie 1938 mit einem Plan zur Rationalisierung gekauft. Ein Weihnachtsgeschäft hätte anstatt mit vier Kupferdrucker durch die Maschine mit einem Arbeiter abgedeckt werden können. Man kann von Glück sprechen, dass die Drucke der Maschine nie die gewünschte Qualität erreicht haben. Weder Herr Schön, noch sein Vater hätten sonst die Tradition dieses Handwerks weiter führen können.

Techniker, die eigens für die Reparatur der Maschine 1938 aus London einreisten, fanden keine Erklärung für die ungenügende Druckqualität. Mit dem Kriegsgeschehen gelangte die Maschine in Vergessenheit und wurde mit einer dicken Plastikhaut abgedeckt. Manchmal, erzählt Schön, habe man das Plastik abgestaubt, um die fertigen Drucke dort zum Trocknen abzulegen. Nur, wenn wegen der hohen Miete über einen Umzug nachgedacht wurde, kam sie in Erinnerung. Nicht nur der Transport – ob man sie überhaupt durch die Tür bringen würde war die Frage, die sich schon Schöns Vater stellte.

Herr Schön muss aufgrund der letzten Indexanpassung die Naglergasse verlassen. Er geht in Pension, die Werkstatt wird aufgelöst. Viele Gegenstände fanden Abnehmer – wie die großen Kästen, die Schöns Großonkel vom KuK Militärgeographisches Institut erhielt. Seine Maschinen werden in der Ungargasse bei seiner Nachfolgerin, Kirsten Lubach, weiter in Verwendung sein. Nur die Kupferstichdruckmaschine bereitete Herrn Schön Sorgen. Nachdem selbst Museen die Maschine wegen dem umständlichen Transport abgelehnt hatten, schien nur mehr der „Weg des alten Eisens“, zerlegen und zum Eisenwarenhandel, eine Option.

Über 1000 Ecken, wie Schön es nennt, fand die Geschichte zu Margit Strauß, einer Trainerin von Trendwerk. Es war ihr ein Anliegen, dieses Stück Geschichte zu bewahren. Durch den Teilbetrieb „denDruck“ gibt es eine passende Verbindung zu Trendwerk und unser Geschäftsleiter, Herr Moser zeigte sich begeistert für die Idee, der Maschine eine zweite Chance zu geben. Mit dem erfahrenen Experten für die Lieferung – Herrn DI Schedy, wurde die Maschine zerlegt und in der Cumberlandstraße funktionsfähig aufgebaut.

Gerade das Stück, bei dem Herr Schön am ehesten geglaubt hat, dass es verschrottet wird, ist erhalten geblieben. Er freut sich und wird die Maschine als auch unseren Druck in der Cumberlandstraße besuchen – wenn Zeit dafür ist. Ein Mann, der seit 2006 keinen Urlaub mehr gemacht hat und von Montag bis Sonntag in seiner Werkstatt war, hat auch für seine Pension viele Pläne.

Infobox (Quelle: Website kupferdruck.at, Website von Hrn. Schön)

Der Beruf Kupferstecher

Kupferstecher wurden im 17. und 18. Jahrhundert in Malerwerkstätten und Verlagshäusern in großer Zahl beschäftigt, um Gemälde als Kupferstich zu kopieren oder Illustrationen druckfähig zu übertragen. Sie waren selber nicht kreativ tätig, sondern übertrugen die Arbeiten anderer, was aber trotzdem hohe Anforderungen an ihre zeichnerischen und handwerklichen Fähigkeiten stellte. Aus diesen Gründen wurden sie aber auch abwertend und misstrauisch beobachtet, da sie mit dem Aufkommen des Papiergeldes die nötigen Voraussetzungen mitbrachten, um als Geldfälscher tätig zu werden. Im 19. Jahrhundert erlebte der Kupferstich eine Blütezeit unter den Nazarenern (Nazarener (Kunst)).

Hr. Schön

Wolfgang Schön arbeitet in der Altstadt von Wien. Im Mezzanin, einem Zwischenstockwerk, hat er seine „Kunstanstalt für Kupferdruck“. Fast glaubt man, in einem anderen Jahrhundert zu sein, wenn das Hufgetrappel der Fiakerpferde das leise Kratzen des Stichels auf dem Metall unterbricht. Wolfgang Schön ist der Letzte in Europa, der Visitenkarten oder Einladungen, etc. noch in Kupferplatten sticht und dann in kleinen Auflagen von Hand druckt. Franz Lehar, Robert Stolz, Herbert von Karajan und Bruno Kreisky waren seine Kunden. Letzterer hat sogar dem Parlament empfohlen, jeder Abgeordnete solle seine Karte in Kupferdruck anfertigen lassen, erzählt der Meister stolz. Auf seiner eigenen Karte lesen wir: „Kupferstich der vornehmsten Ausführung für den kulturbewussten Personenkreis.

Graveurartllier Lubach, die Nachfolgerin von Herrn Schön

https://www.graveuratelier-lubach.com